Gleicher Zugang zum Web als Gebot einer demokratischen rechtsstatlichen und sozialen Gesellschaft

Niemand konnte Mitte der 60er vorausahnen, was aus dem Internet einmal werden würde. Optimistische Visionen hofften auf globalen textbasierten Datenaustausch zu wissenschaftlichen Zwecken. Dass das Militär seit Begin dabei war, sei nicht vergessen.

Heute ist das Internet zu einem globalen Netzwerk herangewachsen, dem sich niemand entziehen kann. Es werden nicht mehr nur Informationen weitergegeben. Waren werden ausgetauscht, Finanzgeschäfte getätigt, Abstimmungen finden statt und verbindliche Dokumente werden übermittelt.

Das Internet bekommt immer mehr Bedeutung in unserem sozialen Miteinader. Es ist zum wichtigsten Medium unserer Kultur geworden. Mit E-Governement hat das Web 2.0 eine politische Dimension erreicht, die das Funktionieren unserer politischen Systeme beeinflusst. Die Social Media machen eine mediale Partizipation möglich, die über das Verständnis von herkömmlicher indirekter Demokratie hinaus gehen. Es ist en vogue, sich politisch zu äußern. Wer will, verabredet sich zur Demo.
Das Netzwerk hat sich zu einem kollektiven Verstand entwickelt – mehr noch, zu verschiedenen kollektiven Verstandeseinheiten, die miteinander kommunizieren, kooperieren und/oder konkurrieren.

Diese Verstandeseinheiten – nennen wir sie anschaulicher Meinungskollektive – haben sich als aktive Kräfte neben Parlamente, Regierungen und Massenmedien etabliert.

Die Bundesregierung treibt die Entwicklung bewusst voran, will Hochgeschwindigkeitsverbindungen fördern. Fragen wirtschaftlicher, juristischer Art und solche nach Datensicherheit und Verhütung von Cyberkriminalität werden diskutiert.
Bundes- und Landes Informationstechnik-Verordnungen schreiben für Behörden die Barrierefreiheit in ihren Webauftritte vor.
Ursula von der Leyen hat den Alkohol und den Tabak aus dem Hartz IV Korb hinausgenommen und eine Internetflat kostenneutral hineingezaubert. Volkshochschulen bieten Internetkurse für Senioren an.

Ein Hoch! Die schöne neue Cyberwelt steht allen offen.
Auch Frau Michels kann wieder partizipieren.
Mit ihren 76 schafft sie es mittels Rollator gerade mal eben bis kurz vor die Haustüre. Die kleinen Lettern der Zeitung ließt sie schon lange nicht mehr. Wenn Sie zum Amt muss, wird sie von Nachbarn begleitet.

Künftig wird sie ihre Rentenangelegenheiten wohl online erledigen. Ihre Einkäufe tätigt sie über den barrierefreien Onlineshop und die Texte der Zeitung im Web kann sie skaliern.
Dann braucht Frau Michels den Zivi, den man ihr gestrichen, hat ja gar nicht mehr.

Oder?
Ihre Rente reicht doch wohl für einen Computer? Hat ihr der Sohn, der halbjährlich vorbeikommt, den Zugang zum Web nicht eingerichtet? Zum Senioren-Internetkursus bei der VHS in Lichtenberg geht es mit der U-Bahn.
Ist ja alles so schön barrierefrei.

Haben wir nicht etwas vergessen?

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