Braucht Deutschland den Liberalismus? Braucht Deutschland die FDP? Wenn ja, wie soll diese aussehen?

“Wir sollten aufhören, unsere eigenen Wähler zu verwirren. Wenn wir als FDP nur der Mehrheitsmeinung hinterher rennen, dann kommt das einem Todesurteil gleich” zitiert das Handelblatt eine Äußerung des sächsischen FDP-Landesvorsitzenden Zastrow gegenüber der Sächsischen Zeitung. Gegolten hatte die Kritik Lindners Hakenschlag in Sachen Atompolitik. Demzufolge setzt – neben der CDU – neuerdings auch die FDP auf baldigen Atomausstieg.

Möglicherweise hat Zastrow ein Grundproblem der aktuellen FDP angesprochen: Mangelndes Profil.
Unter Guido Westerwelle hat die Partei ihr Engagement zunehmend – vor allem seit sie in Regierungsverantwortung steht – darauf reduziert, Steuererleichterungen zu fordern – gebetsmühlenhaft. Klientelpolitik war der landläufige Vorwurf.
Dumm nur, dass ihr das Klientel mitsamt der deutschen Mehrheit schon den Rücken zuwandte. Man war wegen der vorangegangenen Finanz- und Wirtschaftskrise mittlerweile gegen Steuererleichterungen, wollte sparen und den Staatshaushalt sanieren.

Problem erkannt, Problem gebannt!
Später als die CDU – aber lieber später als nie, lenkte die FDP ein und verzichtete vorerst de facto auf Steuererleichterungen. Von der FDP kam jetzt fast gar nichts mehr – am wenigsten von Brüderle. Dafür setzte sich CDU-Schäuble ins Rampenlicht und brillierte in der Finanz-, Spar- und der Eurorettungspolitik. Angela Merkel schlug der EU einen “Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit” vor. Die FDP drohte auf Ihrem traditionellen Kompetenzfeld, der Wirtschaftspolitik, ins Abseits zu geraten.

Die Umfragewerte der FDP gingen unterdessen auf Talfahrt. Die Popularität schrumpfte ungebremst.
Bitter: Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Rheinland Pfalz und Baden Württemberg.

Jetzt mussten Konsequenzen gezogen werden:
Profil muss her! Profil, das ankommt, das glaubhaft klingt und nachhaltig erschein!
Aber welches?

Guido Westerwelle war bereits als Schuldiger identifiziert. Für das Amt des Parteivorsitzenden wird er nicht mehr kandidieren.
Tatsächlich fiel er auch weder mit konstruktiven Vorschlägen in der Regierungspolitik, noch mit originellen Äußerungen über Hartz 4 Empfänger auf.

Als Nachfolger soll Gesundheitsminister Rößler den Karren rumreißen, was ihm möglicherweise zuzutrauen wäre.

Aber bisher hat sich die FDP zu keinen richtungsweisenden programmatischen Festlegungen durchringen können.
Im Wesentlichen bleibt die Führungsriege erhalten. Darüber hinaus hat Westerwelle seinen Parteivorstand bei einer Sitzung auf sich als Außenminister festgeschworen. Ebenso sollen die Posten von Brüderle und Homburger nicht in Frage gestellt werden.

FDP was nun???
Laut einer Forsa-Umfrage vom 19. April kommt die FDP in der Sonntagsfrage auf 3 %. Allensbach macht 5 % aus.

Stellt sich die Frage, wer stände als FDP-Klientel heute noch zur Verfügung?

Oder besser:
Braucht Deutschland den Liberalismus? Braucht Deutschland die FDP? Wenn ja, wie soll diese aussehen?

Erfolgreich beansprucht die Union die Wirtschaftskompetenz für sich – schon seit der großen Koalition. Die ökonomische Entwicklung spricht dem nicht entgegen. Die Union genießt diesbezüglich auch das Vertrauen der Deutschen.
Für die FDP wird es schwer sein, hier zu punkten.
Lindners Bemerkung zur Atompolitik der FDP wirkte dann auch eher wie ein hektischer Versuch als wie ein Zeichen selbstbewusster Wirtschaftskompetenz.

Wie steht es aber mit den Bürgerrechten, Freiheitswerten, Datenschutz und Toleranz? Wie steht es mit durchdachter Integration von Migranten. Ist Bundespräsident Christian Wulff die ultima ratio Deutschlands? Oder existiert hier doch gerade zu Zeiten eines Hans Peter Friedrich als Innenminister zunehmend Profilierungspotential!

In der Vergangenheit hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger gute Beiträge geliefert und Erfolge errungen.
Aber es ist um sie ruhig geworden, seit man über eine Neuorientierung und Stärkung der FDP diskutiert. Vielleicht ist sie ja klug beraten sich, sich mit liberalen Engagement wesentlich auf den Geschäftsbereich des eigene Ministeriums zu beschränken, will sie nicht Dissonazen mit Ihrem Landesverband riskieren.
Die Bayrische FDP koaliert mit der CSU. Nicht zufällig ist auch auf Bundesebene auffallende Harmonie zwischen beiden Parteien eingekehrt.

Was geht jetzt ab? Wo geht es hin mit der FDP? Ist die FDP noch zu retten?
Wie wäre es mit einer Hinwendung zum Sozialliberalismus?

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